Die Gastronomie und Eventbranche navigiert seit der Pandemie durch extrem turbulentes Fahrwasser. Mit Inflationsraten, massiven Kostensteigerungen von bis zu 100 % und der spürbaren Kaufzurückhaltung der Konsumenten hat sich das Kundenverhalten grundlegend verändert. Trotz dieser Widrigkeiten beobachten Experten einen auffälligen Trend: Das rapide Wachstum von Hobby-Anbietern und Quereinsteigern im Event-Sektor, die mit oft unrealistischen Erwartungen und „fairen Preisen“ den Markt fluten.
Dieses Phänomen, besonders auf dem Land, führt zu einer Inflation der Party-Angebote, die eine nachhaltige Existenz für alle Beteiligten zunehmend erschwert.
Die Quereinsteiger-Welle: Geringes Risiko, große Träume
Viele der neuen Event-Anbieter agieren als Kleinunternehmer oder Hobby-Gastronomen. Sie nutzen oft bestehende, ungenutzte Strukturen – etwa umgebaute Scheunen, Höfe oder ländliche Hallen – als einfache Event-Locations ohne den komplexen und teuren Service einer klassischen Gaststätte.
Der Antrieb ist häufig eine Kombination aus niedrigem Einstiegsrisiko und dem Reiz des „schnellen Geldes“:
- Der Glaube an den schnellen Erfolg: Es herrscht die verbreitete Annahme, dass man mit wenig Aufwand, etwas Musik und einer einfachen Barstruktur einen schnellen, unkomplizierten Erfolg erzielen kann.
- Die Preis-Falle der Unkenntnis: Viele Quereinsteiger werben mit „fairen Preisen“, weil ihnen die tatsächlichen Vollkosten der Branche oft nicht bewusst sind (GEMA-Gebühren, Versicherungen, Personalkosten, Abschreibungen auf die Eventtechnik). Diese „fairen“ Preise liegen oft deutlich unter dem, was zur Deckung der Fixkosten und zur langfristigen Existenzsicherung notwendig wäre.
- Das Geschäftsmodell der Beiläufigkeit: Da diese Unternehmungen vorrangig als Hobby betrieben werden, muss die Event-Schiene keine volle Existenz sichern. Dies ermöglicht es, Preise anzubieten, die reguläre, vollzeitige Betriebe nicht halten können.
Die Event-Inflation: Wenn das Angebot das Bedürfnis übersteigt
Das Problem entsteht, wenn in einer Region mehrere dieser Anbieter mit dem gleichen, niedrigschwelligen Konzept (meist „Disco-Party“ oder „Scheunen-Event“) auf den Markt drängen.
- Marktübersättigung: Das Angebot an vergleichbaren Partys wird inflationär. Die Konsumenten sind nicht bereit, jedes Wochenende drei fast identische Events zu besuchen.
- Abnehmende Attraktivität: Die anfängliche Neugier und die novelty der neuen Location verfliegen schnell. Die Leute kommen nicht mehr oder erwarten ständig etwas Neues.
- Die Kostenspirale: Um die Besucherzahlen aufrechtzuerhalten, müssen die Anbieter in einen Wettbewerb der Überbietung einsteigen. Es muss mehr Show, teurere Acts, aufwändigere Technik oder aggressiveres Marketing geboten werden. Dies erzeugt eine Kostenspirale, die dem ursprünglichen „Hobby“-Gedanken widerspricht und die Preisstruktur der Branche verzerrt.
Die Folge ist eine Homogenisierung der Angebote: Die Disco-Party-Angebote sind in den letzten Jahren immer vergleichbarer und übertriebener geworden, was die Eintrittspreise in die Höhe treibt, aber nicht zwangsläufig die Qualität oder Einzigartigkeit steigert.
Der Blick nach vorn: Ein schwieriges Erbe
Der Trend der Hobby-Gastronomen verzerrt nicht nur kurzfristig die Preise, sondern schafft ein schwieriges Erbe für die gesamte Branche:
- Schaden für etablierte Betriebe: Die niedrig kalkulierten Preise der Quereinsteiger können etablierte, professionell geführte Gastronomie- und Eventbetriebe, die sich an geltende Tariflöhne, volle Abgaben und komplexe Auflagen halten müssen, in Existenznöte bringen.
- Nachhaltigkeit vs. Schnelleffekt: Event-Erfolg lässt sich langfristig nur durch einzigartige Konzepte, Professionalität und ehrliche Kalkulation sichern. Der Glaube an den schnellen, einfachen Party-Euro ignoriert die komplexen betriebswirtschaftlichen Realitäten.
Solange die Hemmschwelle für den Einstieg gering bleibt und die Illusion des einfachen Erfolgs anhält, wird die Event-Ökonomie weiterhin von dieser paradoxen Mischung aus harten Wirtschaftsfaktoren und amateurhaften Träumen geprägt bleiben.