In der finnischen Küche, geprägt von langen Wintern, der Notwendigkeit der Vorratshaltung und einem tiefen Respekt vor Lebensmitteln, ist das Konzept des Resteessens keine Neuheit, sondern tief in der kulinarischen Tradition verwurzelt. Hier wird nichts verschwendet; vielmehr werden Speisereste vom Vortag mit Kreativität und Praktikabilität zu neuen, oft ebenso köstlichen Gerichten umgewandelt. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern zeugt auch von der Bodenständigkeit und dem Einfallsreichtum der finnischen Hausmannskost.
Die Finnen sind Meister darin, aus dem, was da ist, etwas Nahrhaftes und Schmackhaftes zu zaubern. Hier sind einige typische finnische Gerichte, die oft als Resteessen eine zweite (oder dritte!) Chance erhalten:
1. Makaronilaatikko (Makkaroni-Auflauf)
Dieser Auflauf ist in Finnland ein absoluter Klassiker und die perfekte Verkörperung des Resteessens. Wenn vom Vortag noch gekochte Makkaroni oder Hackfleisch übrig sind, finden sie hier ihr zweites Leben.
- Zubereitung: Makkaroni werden mit Hackfleisch (oft gebraten und gewürzt), Zwiebeln und manchmal auch etwas Gemüse in einer Auflaufform geschichtet. Das Ganze wird dann mit einer Mischung aus Eiern und Milch übergossen und im Ofen gebacken, bis es goldbraun und cremig ist.
- Wandel: Ist am Vortag eine Bolognese übrig geblieben, wird sie einfach direkt verwendet. Auch Wurst- oder Schinkenreste können hier eine neue Rolle spielen. Der Auflauf ist nicht nur ein beliebtes Resteessen, sondern wird auch frisch zubereitet, da er so einfach und sättigend ist.
2. Lihapullat ja Muusi (Fleischbällchen und Kartoffelpüree)
Obwohl Lihapullat oft frisch zubereitet werden, sind sie ein Paradebeispiel für ein Gericht, das sich hervorragend für ein Resteessen eignet. Und was ist perfekter, um Kartoffelpüree vom Vortag zu verwerten?
- Zubereitung: Finnische Fleischbällchen werden typischerweise aus Hackfleisch (oft Rind und Schwein gemischt) mit Zwiebeln, Ei, Semmelbröseln oder Haferflocken und Gewürzen wie Piment hergestellt und in einer cremigen Soße serviert. Kartoffelpüree ist die klassische Beilage.
- Wandel: Übrig gebliebene Fleischbällchen lassen sich wunderbar aufwärmen. Das Kartoffelpüree vom Vortag kann einfach mit etwas Milch oder Butter aufgefrischt werden. Manchmal werden die Reste sogar zu einem neuen Auflauf wie Lihaperunasoselaatikko (Fleisch-Kartoffelpüree-Auflauf) verarbeitet, bei dem das Püree mit den Fleischresten vermischt und überbacken wird.
3. Janssonin Kiusaus (Janssons Versuchung)
Obwohl ursprünglich aus Schweden stammend, ist dieser cremige Kartoffelauflauf mit Anchovis auch in Finnland sehr populär, besonders an Feiertagen. Und wie viele Aufläufe ist er prädestiniert für die Wiederverwertung von Resten.
- Zubereitung: Der Auflauf besteht aus dünnen Kartoffelstreifen, Zwiebeln, Anchovisfilets und Sahne, die geschichtet und gebacken werden, bis die Kartoffeln weich und die Oberfläche goldbraun ist.
- Wandel: Wenn eine große Menge für ein Festmahl zubereitet wurde, schmeckt er am nächsten Tag oft noch besser, da die Aromen gut durchgezogen sind. Er lässt sich hervorragend aufwärmen und bietet eine wärmende Mahlzeit, auch wenn die Fischreste des Hauptgangs vom Vortag nicht mehr auf dem Teller landen.
4. Perunarieska (Kartoffel-Fladenbrot)
Dieses einfache, aber unglaublich befriedigende Fladenbrot ist ein perfektes Beispiel für die finnische Frugalität. Es ist ideal, um übrig gebliebenes Kartoffelpüree oder gekochte Kartoffeln zu verwerten.
- Zubereitung: Das Perunarieska wird aus zerdrückten Kartoffeln (oder Kartoffelpüree), Mehl (oft Gerste oder Roggen), etwas Flüssigkeit (Milch oder Wasser) und Salz hergestellt. Der Teig wird zu dünnen Fladen geformt und auf einem Backblech oder in einer Pfanne gebacken.
- Wandel: Wenn am Vortag ein großer Topf Kartoffelpüree zu viel war, ist das Perunarieska die perfekte Lösung. Es ist eine leckere Beilage zu fast allem, von Suppen bis zu deftigen Hauptgerichten, und kann auch einfach mit Butter bestrichen als Snack genossen werden.
5. Puuro (Porridge / Brei) – Süße und salzige Varianten
Finnische Breie sind ein Grundnahrungsmittel, besonders zum Frühstück oder als leichte Mahlzeit. Sie sind nicht nur nahrhaft, sondern auch extrem vielseitig, um Reste zu verwerten.
- Zubereitung: Puuro wird aus Haferflocken, Reis oder Grieß mit Milch oder Wasser gekocht. Er kann süß mit Beeren, Marmelade oder Zucker gegessen werden oder salzig mit Butter oder sogar Fleischresten.
- Wandel: Oft bleibt Reisbrei vom Frühstück übrig. Dieser kann am nächsten Tag leicht aufgewärmt werden. Aber auch herzhafte Breie sind gängig. Wenn zum Beispiel noch gekochter Reis von einem Hauptgericht übrig ist, lässt sich daraus im Handumdrehen ein neuer Reisbrei zaubern, oft mit etwas Salz oder sogar Wurstresten verfeinert. Die finnische Version von „Reste-Reisbrei“ ist eine schnelle, wärmende Mahlzeit, die nichts verschwendet.
Die finnische Küche zeigt auf wunderbare Weise, dass Resteverwertung keine Notwendigkeit, sondern eine Kunst ist. Diese Gerichte sind nicht nur praktisch, sondern auch ein Zeugnis der finnischen Kultur, in der Nahrungsmittelwert und Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert besitzen. Sie sind der Beweis, dass aus „alt“ oft etwas ganz Neues und Herrliches entstehen kann.