Die tschechische Küche ist bekannt für ihre deftigen Gerichte, ihre reichhaltigen Soßen und natürlich ihre omnipräsenten Knödel. Doch wie in vielen traditionellen Küchen, die aus Zeiten stammen, in denen nichts verschwendet wurde, ist auch in Tschechien die Kunst des „Resteessens“ hoch entwickelt. Aus den Überbleibseln des Vortages entstehen oft neue, köstliche Gerichte, die manchmal sogar beliebter sind als das Original. Diese Gerichte zeugen von Einfallsreichtum und der tiefen Wertschätzung für Lebensmittel.
Hier sind einige der typischsten und beliebtesten „Resteessen“ in Tschechien:
1. Bramboráky z vařených brambor (Kartoffelpuffer aus gekochten Kartoffeln)
Während die klassischen Bramboráky (Kartoffelpuffer) aus rohen Kartoffeln hergestellt werden, ist eine beliebte Variante, die sich perfekt für die Verwertung von gekochten Kartoffeln vom Vortag eignet, die Zubereitung aus diesen bereits garen Knollen.
- Erklärung: Statt die Kartoffeln mühsam zu reiben, werden sie einfach gestampft oder durch eine Presse gedrückt. Dazu kommen dann Eier, Mehl, Knoblauch, Majoran, Salz und Pfeffer. Alles wird zu einem Teig vermischt und in heißem Öl goldbraun gebraten.
- Besonderheit: Diese Version ist oft etwas cremiger im Inneren als die aus rohen Kartoffeln und hat dennoch eine schöne knusprige Hülle. Sie eignen sich hervorragend als Beilage zu Fleischgerichten oder auch einfach pur mit etwas Ketchup oder Apfelmus.
2. Smažené knedlíky s vejcem (Gebratene Knödel mit Ei)
Die Knedlíky (Knödel) sind das Herzstück vieler tschechischer Hauptgerichte. Ob Semmelknödel (houskové knedlíky) oder Kartoffelknödel (bramborové knedlíky), es bleiben fast immer welche übrig. Doch statt sie wegzuwerfen, werden sie am nächsten Tag zu einem schnellen und leckeren Gericht.
- Erklärung: Die übrig gebliebenen Knödel werden in Scheiben geschnitten oder gewürfelt. In einer Pfanne wird etwas Fett erhitzt, die Knödelscheiben darin goldbraun angebraten. Dann werden verquirlte Eier hinzugefügt und alles zusammen stocken gelassen, ähnlich wie bei einem Rührei. Manchmal kommen auch Zwiebeln, Pilze oder Speckwürfel dazu.
- Besonderheit: Der Knödel nimmt durch das Anbraten eine wunderbare Textur an – außen leicht knusprig, innen noch weich. Die Kombination mit Ei macht daraus ein nahrhaftes Frühstück, Mittagessen oder eine schnelle Abendmahlzeit. Ein Klassiker, der die Einfachheit und Deftigkeit der tschechischen Küche widerspiegelt.
3. Pomazánka z pečeně (Brotaufstrich aus Bratenresten)
Der tschechische Schweinebraten (vepřová pečeně) ist ein Festessen, von dem oft Reste bleiben. Diese werden nicht einfach nur aufgewärmt, sondern zu einem schmackhaften Brotaufstrich verarbeitet.
- Erklärung: Das kalte Bratenfleisch wird fein gehackt oder gewolft. Dazu kommen oft gehackte Zwiebeln, Gewürzgurken (okurky), etwas Senf und Mayonnaise oder Schmand, um eine cremige Konsistenz zu erhalten. Mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt.
- Besonderheit: Dieser Aufstrich ist herzhaft und würzig und schmeckt fantastisch auf frischem Brot oder Brötchen. Es ist eine clevere Art, Fleischreste in eine ganz neue Geschmacksrichtung zu verwandeln und eine willkommene Abwechslung zu Wurst und Käse.
4. Šunkofleky (Schinkennudeln aus Resten)
Dieses Gericht, eine Art Nudelauflauf, ist ein perfektes Beispiel für die Verwertung verschiedener Reste, insbesondere von Nudeln und Fleischresten (oft gekochter Schinken, aber auch anderer Braten).
- Erklärung: Gekochte Nudeln (oft Fleckerl, eine Art breite Bandnudeln) werden mit gewürfeltem gekochtem Schinken oder anderen Fleischresten, Eiern, oft etwas Sahne oder Milch und manchmal auch Käse vermischt. Das Ganze wird in eine Auflaufform gegeben und im Ofen gebacken, bis es goldbraun und durchgegart ist.
- Besonderheit: Šunkofleky ist ein wärmendes, sättigendes Komfortessen, das sich ideal für die ganze Familie eignet. Es ist eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, aus Resten eine vollwertige Mahlzeit zu zaubern.
5. Dršťková polévka z hlívy ústřičné (Kuttelsuppe aus Austernpilzen)
Obwohl Dršťková polévka (Kuttelsuppe) traditionell aus Rinderkutteln hergestellt wird, ist eine beliebte und weit verbreitete „Resteverwertung“ die Zubereitung einer vegetarischen Variante, die den Geschmack und die Textur des Originals nachahmt, aber oft aus übrig gebliebenen oder preiswerten Pilzen wie Austernpilzen (hlíva ústřičná) zubereitet wird.
- Erklärung: Zwiebeln werden angebraten, mit Paprikapulver bestäubt, und dann die in Streifen geschnittenen Austernpilze hinzugefügt und gedünstet. Brühe wird aufgegossen, und die Suppe wird mit Knoblauch, Majoran, Salz und Pfeffer kräftig gewürzt. Manchmal wird sie mit etwas Mehlschwitze oder Sahne gebunden.
- Besonderheit: Diese Suppe ist unglaublich aromatisch und wärmend. Die Austernpilze imitieren die Textur von Kutteln erstaunlich gut, was diese Version zu einer beliebten Alternative für jene macht, die keine Kutteln mögen oder eine leichtere Variante bevorzugen. Sie zeigt, wie man aus einfachen Zutaten ein geschmacklich komplexes Gericht kreieren kann.
Diese Gerichte sind ein lebendiges Zeugnis dafür, dass die tschechische Küche nicht nur von deftigem Genuss, sondern auch von praktischem Denken und dem Wunsch geprägt ist, Lebensmittel wertzuschätzen und nichts zu verschwenden. Sie sind nicht nur „Reste“, sondern oft geliebte, eigenständige Mahlzeiten, die den Charakter der tschechischen Hausmannskost perfekt einfangen.