Das Karađorđe-Schnitzel (serbisch: Karađorđeva šnicla) ist mehr als nur ein gefülltes Steak; es ist ein kulinarisches Denkmal der modernen serbischen Küche. Benannt nach dem Begründer der Karađorđević-Dynastie und Anführer des ersten serbischen Aufstands, Karađorđe Petrović, vereint dieses Gericht Herzhaftigkeit, Einfallsreichtum und eine Prise königlicher Dramatik.
1. Herkunft und Geschichte: Eine zufällige Erfindung
Im Gegensatz zu vielen traditionellen Gerichten ist das Karađorđe-Schnitzel keine jahrhundertealte Speise, sondern eine relativ moderne, zufällige Erfindung aus dem Jahr 1959.
- Der Schöpfer: Das Gericht wurde vom berühmten serbischen Koch Milovan Mića Stojanović (1930–2021) in Belgrad kreiert. Stojanović war später sogar Chefkoch für Staatsführer wie Josip Broz Tito.
- Die Notlösung: Die Legende besagt, dass ein Gast im Restaurant „Golf“ in Belgrad Hühnerkiew (gefüllt mit Kräuterbutter) bestellte, das aber gerade nicht zubereitet werden konnte. Stojanović musste schnell improvisieren. Er ersetzte das Huhn durch ein Kalbssteak und die Kräuterbutter durch Kajmak (einen cremigen, leicht sauren Milchrahm).
- Die Taufe: Da das aufgerollte, goldbraun panierte Schnitzel aussah wie die Gamasche eines Stiefels, taufte Stojanović das Gericht in Anlehnung an den serbischen Nationalhelden Karađorđe Petrović, dessen Stiefelgamaschen für die Uniform der serbischen Armee charakteristisch waren.
2. Die Besonderheit: Der geschmackliche Kern
Die Einzigartigkeit des Karađorđe-Schnitzels liegt in seiner Füllung und der Art der Zubereitung, die es vom klassischen Wiener Schnitzel unterscheidet.
- Die Füllung (Kajmak): Die Füllung besteht traditionell aus Kajmak, einem cremigen, mild-säuerlichen Rahm, der dem Gericht seine saftige Textur und seinen unverwechselbaren Geschmack verleiht. Alternativ werden oft Frischkäse oder dicke Sahne verwendet.
- Die Form: Das dünn geklopfte Kalb- oder Schweinefleisch wird fest um die Kajmak-Füllung gerollt, sodass eine dicke Zylinderform entsteht.
- Die Panade: Nach dem Rollen wird das Schnitzel doppelt paniert (Mehl, Ei, Semmelbrösel), um eine extrem knusprige Kruste zu gewährleisten, die die Füllung sicher einschließt.
3. Rezept-Basis (Zubereitung)
Dieses Gericht wird heute meist mit Schweinefleisch, Kalbfleisch oder Geflügel zubereitet.
Zutaten (für 2 Portionen)
- 2 dünne Scheiben Schweine- oder Kalbsrücken (ca. 150–200 g pro Stück)
- 100 g Kajmak (oder ein cremiger Frischkäse)
- Für die Panade: Mehl, 2 Eier, Semmelbrösel
- Salz, Pfeffer
- Öl zum Frittieren
Zubereitung
- Vorbereitung: Die Fleischscheiben sehr dünn klopfen (ideal ist eine Dicke von 3–5 mm). Mit Salz und Pfeffer würzen.
- Füllen: Den Kajmak oder Frischkäse gleichmäßig auf der Innenseite der Fleischscheiben verteilen.
- Rollen: Die Scheiben von einer Seite her sehr fest und kompakt aufrollen, sodass ein dicker Zylinder entsteht. Die Enden nach innen einschlagen, damit die Füllung nicht austritt.
- Doppelte Panade: Die Rollen nacheinander in Mehl, dann in geschlagenem Ei und schließlich großzügig in Semmelbröseln wenden. Für zusätzliche Sicherheit die Rollen ein zweites Mal durch Ei und Semmelbrösel ziehen (doppelte Panade).
- Frittieren: Das Öl in einem Topf erhitzen (ca. 170 °C). Die Rollen darin goldbraun frittieren (ca. 6–8 Minuten), bis die Panade knusprig ist und das Fleisch gar ist.
- Servieren: Das Schnitzel schräg in der Mitte durchschneiden, um die Füllung zu zeigen.
4. Verbreitung und Status
Das Karađorđe-Schnitzel hat sich von einem lokalen Restaurantgericht zu einem Nationalgericht Serbiens entwickelt.
- Balkan-Küche: Es ist auf den Speisekarten nahezu jedes traditionellen serbischen Restaurants, sowohl im Inland als auch in der Diaspora. Es symbolisiert die herzhafte, deftige Balkan-Küche.
- Begleitung: Das Schnitzel wird klassischerweise mit Tartarensauce (oder einer Joghurt-Knoblauch-Sauce), Pommes frites und einer halbierten, scharfen roten Chilischote serviert, um die visuelle Anspielung auf die Orden des Helden Karađorđe zu komplettieren.

