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Island – das ist raue Schönheit, Feuer und Eis, Elfen und Fjorde. Und eine Küche, die über Jahrhunderte von der Notwendigkeit geprägt wurde, mit knappen Ressourcen auszukommen und nichts zu verschwenden. In einem Land, in dem der Winter lang und die Anbaumöglichkeiten begrenzt waren, entwickelte sich eine bemerkenswerte Kreativität im Umgang mit Lebensmitteln. „Resteessen“ ist hier kein neumodischer Trend, sondern eine tief verwurzelte Tradition des Überlebens und des Respekts vor der Nahrung.

Die isländische Küche ist bekannt für ihre deftigen und wärmenden Gerichte, die oft auf Lamm und Fisch basieren. Es ist daher keine Überraschung, dass sich auch viele der typischen Resteessen um diese beiden Hauptzutaten drehen. Sie sind der Inbegriff von „Comfort Food“ – Seelenfutter, das wärmt, sättigt und an bessere Zeiten erinnert.

Hier sind einige typische isländische Gerichte, die auf der klugen Weiterverarbeitung von Speiseresten basieren:


1. Plokkfiskur (Fisch-Kartoffel-Eintopf / -Püree)

Der Plokkfiskur ist wahrscheinlich das bekannteste und beliebteste Resteessen Islands und hat es längst vom „Arme-Leute-Essen“ zum Nationalgericht geschafft, das sogar in Restaurants serviert wird. Ursprünglich war es die perfekte Lösung, um gekochten Fisch und Kartoffeln vom Vortag zu verwerten.

  • Was es ist: Ein cremiger Eintopf oder eine Art Fisch-Kartoffel-Püree, das aus zerkleinertem gekochten Fisch (oft Dorsch oder Schellfisch), zerstampften oder gewürfelten Kartoffeln und Zwiebeln besteht, die in einer sämigen Béchamelsauce miteinander vermischt werden. Manchmal kommen auch Karotten oder Kräuter hinzu.
  • Die Resteverwertung: Er wird traditionell aus übrig gebliebenem, gekochtem Fisch (meist weißer Fisch) und gekochten Kartoffeln zubereitet. Die Sauce bindet die Zutaten zusammen und verleiht dem Gericht eine neue Konsistenz und einen frischen Geschmack.
  • Charakteristisch: Einfach, sättigend und unglaublich wohltuend. Er wird oft mit Roggenbrot (Rúgbrauð) und Butter serviert und ist das perfekte Gericht, um sich an einem kalten Tag von innen zu wärmen. Jede Familie hat ihr eigenes Plokkfiskur-Rezept, mit kleinen Variationen bei den Gewürzen oder der Konsistenz der Kartoffeln (püriert oder gewürfelt).

2. Kjötsúpa (Isländische Lammsuppe) – Eine evolvierte Resteverwertung

Während Kjötsúpa in ihrer heutigen Form oft mit frischem Lammfleisch zubereitet wird, hat ihre historische Entwicklung tiefe Wurzeln in der Resteverwertung. Die traditionelle Kjötsúpa war ein Gericht, das aus dem gewonnen wurde, was verfügbar war, und das beinhaltete oft übrig gebliebene Fleischstücke und Gemüse.

  • Was es ist: Eine herzhafte, nahrhafte Suppe mit Lammfleisch (oft Schulter oder Brust), verschiedenen Wurzelgemüsen (Kartoffeln, Karotten, Steckrüben, Zwiebeln) und manchmal Reis oder Gerste. Gewürzt wird sie typischerweise mit lokalen Kräutern wie Thymian.
  • Die Resteverwertung (historisch): Früher wurden für diese Suppe oft auch Knochen und Sehnen vom Lamm ausgekocht, um eine reichhaltige Brühe zu erhalten, und alle verwertbaren Fleischreste des Tieres fanden darin Platz. Die Gemüsezugabe diente nicht nur dem Geschmack, sondern auch der Streckung und Sättigung. Heute ist es eher ein Gericht, für das frisches Lamm gekauft wird, aber der Geist der „alles verwerten“-Philosophie bleibt.
  • Charakteristisch: Ein absolutes „Comfort Food“, das besonders in den langen, kalten Monaten Islands die Seele wärmt und sättigt. Jede Datscha und jedes isländische Zuhause hat sein eigenes, leicht variierendes Familienrezept.

3. Bjúgnakrem (Wurstaufstrich / -püree)

Dieser ist vielleicht weniger bekannt als die großen Nationalgerichte, aber er ist ein wunderbares Beispiel für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung im Kleinen.

  • Was es ist: Ein herzhafter Aufstrich oder ein Püree, das aus Resten von isländischen Würsten (wie bjúga – eine Art geräucherte Lammwurst) zubereitet wird. Die Wurst wird gekocht, zerkleinert und dann oft mit Kartoffeln, Zwiebeln und etwas Brühe zu einer Art Paté oder cremigem Aufstrich verarbeitet.
  • Die Resteverwertung: Ideal, um die letzten Stücke von Würsten oder die Reste eines Wurstessens zu verwerten, die sonst vielleicht nicht mehr ansprechend wären.
  • Charakteristisch: Sehr rustikal und kräftig im Geschmack, oft auf Rúgbrauð (Roggenbrot) oder Fladenbrot gegessen. Es ist ein deftiger Snack, der die Tradition der Fleischverwertung im rauen Klima Islands widerspiegelt.

4. Harðfiskur (Getrockneter Fisch) – Das ursprüngliche Reste-Wunder

Obwohl Harðfiskur heute oft bewusst hergestellt wird und als Delikatesse gilt, ist die Methode der Trocknung die älteste und effektivste Form der Konservierung von Fisch in Island – und somit die ultimative Form der Resteverwertung im großen Stil. Man verwandelt den „Überschuss“ der Fischerei in ein lagerfähiges Produkt.

  • Was es ist: Luftgetrocknete Fischstücke (oft Schellfisch, Dorsch oder Seewolf), die eine lederartige Konsistenz annehmen und einen intensiven, salzigen Fischgeschmack haben. Sie ähneln einem Fisch-Jerky.
  • Die Resteverwertung: Historisch gesehen war dies die Methode, um große Mengen Fisch haltbar zu machen, die nicht sofort verzehrt werden konnten. Es war die Versicherung gegen Hungersnöte und ein wichtiges Handelsgut. Jeder nicht sofort verzehrte Fisch wurde so „verwertet“.
  • Charakteristisch: Wird oft als proteinreicher Snack gegessen, meist mit einer großzügigen Menge gesalzener Butter bestrichen. Es ist ein Geschmack, an den sich viele erst gewöhnen müssen, der aber tief in der isländischen Identität verwurzelt ist.

5. Rúgbrauðsís (Roggenbrot-Eis) – Süße Resteverwertung

Selbst bei süßen Speisen kennt die isländische Kreativität keine Grenzen. Das traditionelle, oft in heißen Quellen gebackene Rúgbrauð (ein dichtes, süßliches Roggenbrot) kann, wenn es alt wird, immer noch eine neue Bestimmung finden.

  • Was es ist: Ein einzigartiges Eisdessert, bei dem altes oder trockenes Rúgbrauð zerbröselt und oft mit Sahne, Milch, Zucker, Vanille und manchmal Zimt zu einer Eiscreme verarbeitet wird. Die Brotkrümel verleihen dem Eis eine besondere Textur und einen karamelligen Geschmack.
  • Die Resteverwertung: Eine geniale Möglichkeit, trockenes Roggenbrot zu verwerten, das sonst vielleicht weggeworfen worden wäre.
  • Charakteristisch: Ein überraschend köstliches und ungewöhnliches Dessert, das die süße Seite der isländischen Küche zeigt und die Wertschätzung für jedes einzelne Lebensmittel unterstreicht.

Die isländische Küche ist ein berührendes Beispiel dafür, wie aus Notwendigkeit und der Achtung vor der Natur kulinarische Meisterwerke entstehen können. Diese „Resteessen“ sind nicht nur schmackhaft, sondern erzählen auch die Geschichte eines Volkes, das gelernt hat, das Beste aus dem zu machen, was das Land und das Meer bieten – bis zum letzten Bissen.