Um die Nuancen dieser Begriffe zu verstehen, betrachten wir sie hinsichtlich ihrer Struktur, ihres Zwecks, ihrer Rechtsform und der Freiwilligkeit und Verbindlichkeit ihrer Mitglieder.
1. Gemeinschaft
- Organisatorisch: Die Gemeinschaft ist die lockerste und ursprünglichste Form des Zusammenlebens. Sie basiert auf gemeinsamen Werten, Interessen, Lebensumständen oder einer räumlichen Nähe (z.B. Familie, Dorfgemeinschaft, Freundeskreis). Sie ist oft durch ein starkes „Wir-Gefühl“ und persönliche Beziehungen geprägt.
- Rechtlich: Eine Gemeinschaft hat keine eigene Rechtsform im Sinne einer juristischen Person. Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich aus den einzelnen Personen, die sie bilden, oder aus spezifischen Rechtsgrundlagen (z.B. die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ nach WEG). Es gibt in der Regel keine Satzung im formellen Sinne, sondern informelle Regeln und Normen.
- Zweck: Der Zweck ist oft breit gefächert und nicht immer klar definiert. Es geht um Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und das Teilen eines Lebensstils.
- Freiwilligkeit/Verbindlichkeit: Die Teilnahme ist meist freiwillig, die Verbindlichkeit basiert auf sozialen Normen und emotionalen Bindungen, nicht auf rechtlichen Verpflichtungen.
2. Bündnis
- Organisatorisch: Ein Bündnis (oft auch Allianz oder Pakt) ist ein temporärer oder dauerhafter Zusammenschluss von zwei oder mehr Parteien (natürliche oder juristische Personen, Staaten), um ein spezifisches, gemeinsames Ziel zu erreichen. Es ist oft zweckgebunden und kann sich auflösen, sobald das Ziel erreicht ist oder die Notwendigkeit entfällt. Die Partner bleiben in der Regel eigenständig.
- Rechtlich: Ein Bündnis ist selten eine eigene juristische Person. Es wird in der Regel durch Verträge oder Abkommen zwischen den beteiligten Parteien geregelt. Diese Verträge legen die Rechte und Pflichten für den spezifischen Zweck fest. Beispiele sind Militärbündnisse (NATO) oder politische Koalitionen.
- Zweck: Sehr konkret und oft zeitlich begrenzt (z.B. eine Wahlkampfkoalition, ein Verteidigungsbündnis, ein Projektbündnis).
- Freiwilligkeit/Verbindlichkeit: Freiwilliger Zusammenschluss, aber die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen sind bindend.
3. Verein
- Organisatorisch: Ein Verein ist eine freiwillige und auf Dauer angelegte Vereinigung von Personen, die einen gemeinsamen, nicht-wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Er ist durch eine satzungsgemäße Struktur mit Organen (Mitgliederversammlung, Vorstand) gekennzeichnet. Die Existenz des Vereins ist vom Wechsel seiner Mitglieder unabhängig.
- Rechtlich: In Deutschland unterscheidet man:
- Eingetragener Verein (e.V.): Dieser erlangt durch die Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht die Rechtsfähigkeit. Er ist eine juristische Person, kann also selbst Träger von Rechten und Pflichten sein, Verträge schließen und klagen/verklagt werden. Die Haftung ist auf das Vereinsvermögen beschränkt. Er ist die häufigste Rechtsform für gemeinnützige Zwecke (Sportvereine, Kulturvereine).
- Nicht eingetragener Verein: Dieser erlangt keine volle Rechtsfähigkeit und wird rechtlich oft wie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) behandelt. Die Mitglieder haften unter Umständen persönlich.
- Zweck: Ideell, gemeinnützig, kulturell, sportlich, sozial etc. (z.B. Sportverein, Tierschutzverein). Wirtschaftliche Betätigung ist nur in Ausnahmefällen oder im Nebenzweck erlaubt.
- Freiwilligkeit/Verbindlichkeit: Freiwillige Mitgliedschaft, aber die Mitglieder sind an die Satzung gebunden.
4. Verband
- Organisatorisch: Ein Verband ist in der Regel ein Zusammenschluss von Organisationen (z.B. Vereinen, Unternehmen, Kommunen), seltener von Einzelpersonen. Er verfolgt gemeinsame Interessen der Mitglieder und agiert oft als deren Lobby- oder Interessenvertretung gegenüber Politik und Öffentlichkeit.
- Rechtlich: Verbände sind meist als eingetragener Verein (e.V.) organisiert, können aber auch andere Rechtsformen haben (z.B. GmbH, Stiftung), wenn es die Zwecke erfordern. Als juristische Person haben sie die gleichen rechtlichen Merkmale wie ein eingetragener Verein.
- Zweck: Interessenvertretung, Lobbyarbeit, Informationsaustausch, Standardisierung innerhalb einer Branche oder eines Fachgebiets (z.B. Industrieverband, Ärzteverband, Sportfachverband).
- Freiwilligkeit/Verbindlichkeit: Die Mitgliedschaft ist freiwillig, aber die Mitgliedsorganisationen unterwerfen sich den Verbandsregeln und Beschlüssen.
5. Kooperative (Genossenschaft)
- Organisatorisch: Eine Kooperative, in Deutschland meist als Genossenschaft bezeichnet, ist eine Vereinigung von Personen, deren Hauptzweck darauf ausgerichtet ist, die wirtschaftlichen oder sozialen Interessen ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Das Prinzip lautet „Was einer nicht schafft, schaffen viele“.
- Rechtlich: Die Genossenschaft ist eine juristische Person und wird ins Genossenschaftsregister eingetragen. Sie hat eine eigene Rechtspersönlichkeit und wird von Vorstand und Aufsichtsrat geführt. Die Mitglieder haften in der Regel nicht persönlich, sondern nur bis zur Höhe ihrer Geschäftsanteile. Sie ist eine spezifische Rechtsform des deutschen Genossenschaftsgesetzes.
- Zweck: Wirtschaftliche Förderung der Mitglieder (z.B. durch gemeinsamen Einkauf, Verkauf, Produktion oder Dienstleistungen), oft auch soziale oder kulturelle Zwecke. Beispiele: Raiffeisenbanken, Wohnungsbaugenossenschaften, Bäckergenossenschaften.
- Freiwilligkeit/Verbindlichkeit: Freiwillige Mitgliedschaft, aber mit klar definierten wirtschaftlichen Rechten und Pflichten (z.B. Einzahlung von Genossenschaftsanteilen).
Zusammenfassung der Kernunterschiede:
Merkmal | Gemeinschaft | Bündnis | Verein (e.V.) | Verband | Kooperative (Genossenschaft) |
---|---|---|---|---|---|
Rechtsform | Keine eigene RL | I.d.R. keine eigene RL | Juristische Person (e.V.) | Meist juristische Person (e.V.) | Juristische Person (eG) |
Zweck | Soziales Miteinander | Spezifisches Ziel, Projekt | Nicht-wirtschaftlich, ideell | Interessenvertretung | Wirtschaftliche Förderung d. Mitglieder |
Dauer | Flexibel | Temporär/Zweckgebunden | Auf Dauer angelegt | Auf Dauer angelegt | Auf Dauer angelegt |
Mitglieder | Personen | Parteien, Staaten, Personen | Personen | Organisationen (selten Personen) | Personen |
Bindung/Regeln | Informelle Normen | Vertragliche Abkommen | Satzung | Satzung | Satzung, Genossenschaftsgesetz |
Haftung | Einzeln/GbR-ähnlich | Nach Vertrag | Auf Vereinsvermögen (e.V.) | Auf Verbandsvermögen | Auf Geschäftsanteile |