Tnd brot backkunst tradition sorten 02

In der schillernden Welt der Brotsorten steht das Pumpernickel oft bescheiden im Regal, unscheinbar in seiner rechteckigen Form und dunkelbraunen Farbe. Doch hinter seiner schlichten Erscheinung verbirgt sich eine der ältesten und faszinierendsten Geschichten der deutschen Backkunst. Pumpernickel ist weit mehr als nur ein Brot; es ist ein kulinarisches Kulturgut, ein Symbol der Beharrlichkeit und ein Meisterwerk der Geduld.

Eine Geschichte voller Geheimnisse und Mythen

Die genaue Herkunft des Pumpernickels ist bis heute von Geheimnissen umwoben. Was feststeht, ist seine enge Verbindung zur westfälischen Region Deutschlands, wo es erstmals im 15. oder 16. Jahrhundert auftauchte. Der Name selbst ist Gegenstand zahlreicher Legenden.

  • „Pompernickel“ und Napoleon: Eine beliebte, aber historisch nicht belegte Legende besagt, dass Napoleon Bonaparte das Brot bei einem Aufenthalt in Westfalen probierte und es als ungenießbar empfand. Er soll es als „bon pour Nickel“ bezeichnet haben, was so viel wie „gut für Nickels Pferd“ bedeutet, da sein Pferd „Nickel“ hieß.
  • Der volkstümliche Ursprung: Wahrscheinlicher ist, dass der Name von altdeutschen oder mittelniederdeutschen Begriffen stammt. „Pumpern“ könnte eine Anspielung auf die Gase sein, die bei der Verdauung des schwer verdaulichen Brotes entstehen, und „Nickel“ eine verniedlichte Form für einen Geist oder den Teufel. Der Name würde also frei übersetzt so viel bedeuten wie „Teufelsfürze“ oder „schwer verdauliches Zeug“, was auf die damalige Funktion als sättigendes, hartes „Überlebensbrot“ hinweist.

Die einzigartige Rezeptur: 100% Roggen, 0% Hefe

Die Rezeptur des Pumpernickels unterscheidet sich fundamental von der jedes anderen Brotes und macht es zu einem wahren Unikat. Während die meisten Brote auf Hefe, Weizenmehl und Backofenhitze setzen, basiert Pumpernickel auf einem völlig anderen, viel archaischeren Prinzip.

  • Zutaten: Ein traditionelles Pumpernickel besteht ausschließlich aus ganzem Roggenschrot, Wasser und Salz. Es wird keine Hefe verwendet.
  • Das Backverfahren: Dies ist das eigentliche Geheimnis. Pumpernickel wird nicht gebacken, sondern gedämpft. Der Teig wird in spezielle, mit Deckel verschließbare Kästen gefüllt und dann in einem Backofen bei verhältnismäßig niedriger Temperatur (ca. 100 °C) und hoher Luftfeuchtigkeit über einen sehr langen Zeitraum erhitzt.
  • Die lange Backzeit: Die Backzeit kann zwischen 16 und 24 Stunden betragen. Während dieses Vorgangs finden chemische Reaktionen statt: Die im Roggen enthaltene Stärke karamellisiert langsam, wodurch das Brot seine typische tiefbraune Farbe und seinen leicht süßlichen Geschmack erhält. Diesen Vorgang nennt man Dextrinierung.

Das Ergebnis ist ein Brot, das extrem kompakt, feucht und frei von großen Poren ist. Es ist ein Brot, das von Natur aus eine lange Haltbarkeit besitzt – unangeschnitten kann es sich monatelang halten, was es historisch zu einem idealen Proviant machte.

Vom Überlebensbrot zum modernen Genuss

Das Pumpernickel war lange Zeit das Brot der armen Leute, der Überlebenshelfer in harten Zeiten. Seine Dichte und Nährstoffkonzentration machten es extrem sättigend und energiereich. Heute hat sich sein Image gewandelt. Es gilt als gesundes, ballaststoffreiches Vollkornbrot und ist wegen seines einzigartigen Geschmacks beliebt. Es passt hervorragend zu deftigen Speisen wie geräuchertem Schinken, Wurst oder Käse und bildet eine köstliche Grundlage für Vorspeisen.

Auch wenn das Pumpernickel heute in jedem Supermarkt zu finden ist, zeugt jede Scheibe von einem Stück deutscher Geschichte und einer Backmethode, die zeigt, wie aus einfachen Mitteln mit viel Geduld und Leidenschaft etwas wirklich Außergewöhnliches entstehen kann. Es ist ein Brot, das uns daran erinnert, dass die wahren Schätze der Kulinarik oft in der Einfachheit und der Tradition liegen.