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In der modernen Bäckerei, die oft von Weizen und industrieller Fertigung dominiert wird, erlebt ein altes Getreide eine verdiente Renaissance: der Dinkel. Einst als rustikales Getreide der Vergangenheit belächelt, ist das Dinkelbrot heute ein gefragtes Produkt, das für seine nussige Süße, seine gute Verträglichkeit und seine reiche Geschichte geschätzt wird. Es ist ein Brot, das eine Brücke zwischen der Ursprünglichkeit der Landwirtschaft und den Ansprüchen moderner Ernährung schlägt.

Die Geschichte und Herkunft: Ein Pionier der Landwirtschaft

Dinkel, wissenschaftlich Triticum spelta, ist eine der ältesten kultivierten Getreidesorten überhaupt. Seine Geschichte reicht mindestens 8.000 Jahre zurück. Seine Herkunft liegt vermutlich im Nahen Osten, wo es aus einer Kreuzung von Emmer und einem weiteren Wildgras entstand. Von dort aus verbreitete es sich über die gesamte Antike und war in der römischen und keltischen Landwirtschaft ein weit verbreitetes Grundnahrungsmittel.

Im Mittelalter erlebte der Dinkel seine Blütezeit. Die heilige Hildegard von Bingen, eine der bekanntesten Kräuterkundlerinnen des Mittelalters, pries ihn in ihren Schriften als Heilmittel und Kraftspender. Sie sah den Dinkel als „das beste Getreide“ und schrieb ihm eine wohltuende Wirkung auf Körper und Geist zu.

Mit der Zeit verlor der Dinkel jedoch an Bedeutung. Er hatte einen entscheidenden Nachteil gegenüber dem Weizen: seine Spelzen. Jedes Dinkelkorn ist fest von einer Hülle umschlossen, die nach der Ernte aufwendig entfernt werden muss. Dies machte den Dinkelanbau in der industriellen Landwirtschaft unwirtschaftlich. Der Weizen, der leichter zu verarbeiten war, verdrängte ihn fast vollständig. Doch die steigende Nachfrage nach ursprünglichen, gesunden Lebensmitteln hat den Dinkel vor dem Vergessen bewahrt und ihn zurück in die Bäckereien gebracht.

Die Rezeptur: Ein Charakterbrot mit guten Eigenschaften

Die Rezeptur für ein gutes Dinkelbrot ist ähnlich wie bei Weizenbroten, doch es gibt entscheidende Unterschiede, die man kennen sollte, um ein perfektes Ergebnis zu erzielen:

  • Das Mehl: Dinkelmehl hat eine andere Glutenstruktur als Weizenmehl. Die Klebereiweiße sind von Natur aus empfindlicher und weniger dehnbar. Das bedeutet, der Teig sollte nicht zu lange und zu intensiv geknetet werden, da er sonst „überknetet“ und klebrig wird.
  • Das Wasser: Dinkelmehl nimmt Flüssigkeit langsamer auf. Man sollte daher mit dem Wasser sparsam beginnen und es nach und nach hinzufügen, bis der Teig die richtige Konsistenz hat.
  • Die Teigführung: Dinkelbrotteige eignen sich hervorragend für eine lange Teigführung (Fermentation). Eine kalte Gärung über Nacht im Kühlschrank entwickelt nicht nur ein komplexeres Aroma, sondern verbessert auch die Verträglichkeit des Brotes, indem Enzyme die Stärke aufspalten.
  • Aromen und Zusätze: Dinkelmehl hat von Natur aus einen leicht nussigen, süßlichen Geschmack. Das macht es ideal für Kombinationen mit Saaten wie Sonnenblumenkernen, Leinsamen oder Nüssen. Auch Gewürze wie Koriander oder Fenchel harmonieren gut.

Backen: Die Kruste und die Seele

Die Zubereitung von Dinkelbrot ist ein Handwerk, das von Geduld und Gefühl lebt.

  1. Vorteig (optional): Für ein besseres Aroma und eine längere Haltbarkeit kann man einen Vorteig aus einem Teil des Mehls, Wasser und etwas Hefe ansetzen und diesen für einige Stunden reifen lassen.
  2. Hauptteig kneten: Die Zutaten vorsichtig kneten, bis der Teig glatt ist. Er sollte etwas klebriger sein als Weizenteig.
  3. Stockgare: Den Teig an einem warmen Ort gehen lassen, bis er sich merklich vergrößert hat. Eine Schüssel mit einem feuchten Tuch darüber verhindert das Austrocknen.
  4. Formen: Den Teig vorsichtig zu einem Laib formen. Wichtig ist, dabei nicht zu viel Druck auszuüben, um die empfindliche Teigstruktur nicht zu zerstören.
  5. Stückgare: Der geformte Teig muss ein zweites Mal gehen. Eine Schüssel mit Mehl oder ein Gärkörbchen hilft dabei, die Form zu halten.
  6. Backen: Dinkelbrot backt man am besten bei hoher Anfangstemperatur, um eine schöne Kruste zu bekommen. Ein Schwall Dampf im Ofen am Anfang unterstützt die Krustenbildung zusätzlich.

Ein gutes Dinkelbrot ist mehr als die Summe seiner Zutaten. Es ist die Geschichte eines widerstandsfähigen Getreides, die Weisheit traditioneller Bäcker und das Ergebnis einer Zubereitung, die mit dem Herzen der Natur verbunden ist. Es schmeckt nach Ursprünglichkeit und ist ein wertvoller Beitrag für eine gesunde und bewusste Ernährung.