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Das Gericht Injo Gogi Bap (인조고기밥), wörtlich übersetzt „Künstliches Fleisch mit Reis“, ist eines der faszinierendsten und gleichzeitig ergreifendsten Gerichte der nordkoreanischen Küche. Es ist kein luxuriöses Gericht für Bankette, sondern ein Symbol für den Pragmatismus und den Überlebenswillen der Bevölkerung in Zeiten wirtschaftlicher Not.

Es verkörpert die Fähigkeit, aus minimalen Ressourcen ein schmackhaftes und sättigendes Essen zu kreieren.


🇰🇵 Herkunft: Die Geburt aus der Not

Injo Gogi Bap entstand nicht in der Tradition der Hofküche, sondern als direkte Reaktion auf die wirtschaftlichen Krisen und Hungersnöte, insbesondere während des sogenannten „Märsche der Not“ (Arduous March) in den 1990er Jahren, als das Land von einer schweren Lebensmittelknappheit heimgesucht wurde.

  • Der Rohstoff: Das „künstliche Fleisch“ wird aus Sojabohnenölkuchen (oder Sojamark) hergestellt. Dies ist der feste, nährstoffreiche Rückstand, der übrig bleibt, nachdem Sojaöl aus den Bohnen gepresst wurde. Normalerweise wäre dies Viehfutter, aber es dient als wichtiger Eiweißersatz in einer fleischarmen Diät.
  • Die Innovation: Die Notwendigkeit, diesen an sich trockenen und geschmacksarmen Rückstand essbar und sättigend zu machen, führte zur Entwicklung der charakteristischen, gerollten Form.

✨ Die Besonderheit und die Zubereitung

Das Gericht zeichnet sich durch seine spezielle Textur und die aggressive Würzung aus, die den fehlenden Fleischgeschmack kompensiert.

  1. Herstellung des „Fleisches“: Der harte Sojamark wird gekocht oder in Wasser eingeweicht, bis er weich ist. Er wird dann in kleine Blätter oder Stücke gepresst.
  2. Die Rolle (Gimbap-Stil): Die weichen Sojablätter werden dünn mit einer Mischung aus Reis, Gewürzen und oft scharfer Paste (Goesong-style Gochujang oder scharfe Sojasauce) bestrichen und fest aufgerollt. Dies ähnelt optisch einer Mini-Gimbap-Rolle.
  3. Die Würzung: Um den Eigengeschmack des Sojas zu überdecken, spielt die Würze eine entscheidende Rolle. Der Geschmack ist typischerweise sehr scharf und intensiv-würzig, oft mit viel Chili, Knoblauch, Sojasauce und Öl, was dem Ganzen eine gewisse „Fülle“ verleiht.

Das Ergebnis ist eine Rolle, die außen zäh-knusprig und innen weich und reisgefüllt ist – eine sättigende, kompakte Mahlzeit.

🍽️ Verbreitung: Vom Markt zum Restaurant-Teller

Die Injo Gogi Bap ist primär ein Gericht der Privatküche und der Straßenstände, weniger des staatlich geführten Luxusrestaurants:

  • Privat und Markt: Das Gericht wird überwiegend zuhause zubereitet oder von Straßenhändlern (Jangmadang) verkauft. Es ist eine beliebte, preiswerte und nahrhafte Mahlzeit für Arbeiter und Pendler.
  • Kein Prestige-Gericht: Es hat nicht den hohen kulinarischen Status von Pjöngjang Naengmyeon oder Bulgogi. Injo Gogi Bap ist ein Gericht der Alltagswirklichkeit und der effizienten Sättigung. In den staatlichen, auf Touristen ausgerichteten Restaurants findet man es kaum, da es nicht die „Wohlstandsküche“ des Landes repräsentieren soll.

Injo Gogi Bap ist somit ein wichtiges kulturelles Artefakt, das die Resilienz der nordkoreanischen Bevölkerung und die Fähigkeit zur kulinarischen Adaption unter schwierigen Umständen widerspiegelt. Es ist ein Gericht, das die Geschichte des Landes in sich trägt.