Semesterstart. Die BAföG-Zahlung ist noch in ferner Zukunft, der Kühlschrank gähnt bedrohlich leer, und das Portemonnaie flüstert leise den Abgesang. In solchen Momenten, liebe Kommilitonen im Geiste der chronischen Ebbe, erweist sich ein wohlgehütetes Geheimnis als wahrer Lebensretter: die stille Reserve. Und diese stille Reserve, in vielen Studentenbude liebevoll unterm Bett gestapelt, hört auf den wohlklingenden Namen: Ravioli aus der Dose.
Ja, ich weiß, ich weiß. Die Gesundheitsapostel unter uns werden jetzt die Nase rümpfen und von den unheiligen Inhaltsstoffen, dem fragwürdigen Nährwert und der industriellen Verarbeitung faseln. Aber mal ehrlich, in den dunklen Stunden des studentischen Monatsendes, wenn der Magen knurrt wie ein hungriger Werwolf und die Supermarktkassen bedrohlich leer scheinen, ist eine dampfende Portion Ravioli aus der Dose mehr als nur ein Essen. Sie ist ein Versprechen. Ein Versprechen, dass der Hunger gestillt wird, dass die grauenhaften Tage des Nudel-mit-Ketchup-Monotoniens vorüberziehen und dass man mit etwas Glück sogar noch genug Kleingeld für ein Feierabendbierchen zusammenkratzen kann.
Die Ravioli-Dose unterm Bett ist das studentische Äquivalent zum Notgroschen unter der Matratze. Sie ist der stille Freund in der Not, der einem nie im Stich lässt (es sei denn, man hat vergessen, einen Dosenöffner zu besorgen, aber das ist eine Tragödie für einen anderen Blogbeitrag). Sie ist das flüssige Gold (nun ja, eher die dickliche, tomatenrote Sauce) in Zeiten finanzieller Dürre.
Und lasst uns ehrlich sein, es hat auch etwas Romantisches, dieses kleine, blecherne Glück unterm eigenen Schlafplatz zu horten. Es ist ein Zeichen von Weitsicht, von Überlebenswillen, von dem tief verwurzelten studentischen Instinkt, sich irgendwie durchzuwursteln. Manchmal, wenn man nachts wach liegt und der Magen rebelliert, kann man fast das leise Glucksen der Sauce hören, ein beruhigendes Versprechen der baldigen Sättigung.
Natürlich ist die Konsistenz der Füllung oft… sagen wir mal… überraschend. Manchmal fragt man sich, ob es sich um Fleisch, Gemüse oder doch eher um eine Art undefinierbare, aber irgendwie schmackhafte Paste handelt. Und die Sauce? Nun, sie ist meistens süßlich, leicht säuerlich und hat eine Farbe, die in der Natur eher selten vorkommt. Aber hey, wir sind Studenten! Wir sind Meister der kulinarischen Anpassung. Ein bisschen Pfeffer, ein Spritzer Tabasco, und schon verwandelt sich die bescheidene Dosenravioli in ein exotisches Festmahl (naja, zumindest in unserer hungrigen Vorstellung).
Die Ravioli-Dose unterm Bett ist auch ein Symbol der studentischen Freiheit. Niemand schreibt uns vor, wann und was wir essen sollen. Wenn der Heißhunger um drei Uhr nachts zuschlägt, müssen wir nicht erst auf den Bäcker oder den Lieferdienst warten. Ein Griff unter die Matratze, ein beherzter Dreh am Dosenöffner, und schon lodert die improvisierte Kochplatte (aka der Wasserkocher mit Alufolie-Unterlage – bitte nicht nachmachen!) und verströmt den unverkennbaren Duft von Tomatensauce und studentischem Überlebenswillen.
So mag die Ravioli aus der Dose ernährungstechnisch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Aber sie ist ehrlich. Sie ist zuverlässig. Und sie ist vor allem eins: da, wenn man sie am dringendsten braucht. Sie ist die stille Heldin der studentischen Speisekammer, das blecherne Bollwerk gegen den Hunger und ein humorvolles Denkmal für die chronische Geldknappheit, die uns alle irgendwann einmal fest im Griff hat. Und solange das BAföG auf sich warten lässt, bleibt sie unser treuer Begleiter – unterm Bett, bereit für ihren großen Auftritt.