Liebe Zeitreisende in die Ära der Neonfarben und des Vokuhilas, schnallt euch an! Wir beamen uns zurück in die glorreichen 80er Jahre, eine Dekade, in der die Welt gefühlt noch einen Gang langsamer schaltete und der Begriff „Entschleunigung“ nicht als teures Wellness-Retreat verkauft werden musste. Ein ganz besonderer Ort dieser entspannten Ära waren die Bistros. Ach, diese Bistros!
Stellt euch vor: Ihr betretet einen Raum, der nicht mit sterilem Design und minimalistischer Strenge protzt, sondern mit einer charmanten Melange aus Gemütlichkeit und leichtem Chaos. Dunkles Holz dominiert, vielleicht ein paar abgewetzte Ledersitze, Spiegel an den Wänden, die schon bessere Tage gesehen haben, und irgendwo dudelt leise eine Kassette mit den Hits von Falco oder Nena. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee, einem Hauch von Zigarettenrauch (ja, das war damals noch so!) und vielleicht dem subtilen Aroma eines gerade zubereiteten Croque Monsieur liegt in der Luft.
Die Speisekarte? Übersichtlich. Keine seitenlangen Abhandlungen über die Herkunft jedes einzelnen Salatblattes oder die spirituelle Reise der Tomate. Hier gab es Klassiker: Zwiebelsuppe mit Käse überbacken, Toast Hawaii (ja, wir gestehen es!), Quiche Lorraine, Salatteller mit Essig und Öl (und vielleicht ein paar Dosenmais-Körnern als exotisches Highlight), und natürlich der unschlagbare Croque Monsieur, dessen goldbrauner Käsefaden beim Auseinanderziehen kleine Freudentänze aufführte.
Die Bedienung? Oft eine Mischung aus leicht genervt und herzlich-väterlich (oder mütterlich). Man wurde nicht mit einem aufgesetzten „Wie geht es Ihnen heute?“ begrüßt, sondern eher mit einem knappen „Was darfs sein?“. Aber hinter der manchmal etwas rauen Schale verbarg sich oft ein warmes Herz und die Fähigkeit, sich die Stammgäste und ihre Vorlieben zu merken. „Für den Herrn Müller wieder der Große mit extra Käse, ne?“.
Und die Atmosphäre! Herrlich unkompliziert. Hier traf sich der Handwerker nach Feierabend auf ein Feierabendbier, die Freundinnen tuschelten bei einem Cappuccino über die neuesten Liebschaften, der Student brütete über seinen Büchern bei einem Glas Rotwein (der wahrscheinlich nicht aus einer edlen Lage stammte, aber seinen Zweck erfüllte), und der einsame Wolf fand am Tresen einen Ort, um die Stille mit dem leisen Klappern von Geschirr zu übertönen.
Es gab keine Kleiderordnung, keine Reservierungspflicht (es sei denn, man wollte mit einer größeren Gruppe am Freitagabend aufkreuzen), und niemand schaute schief, wenn man seine Zeitung auf dem Tisch ausbreitete oder einfach nur in seinen Gedanken versank. Die 80er-Bistros waren ein Stück gelebte Nachbarschaft, ein Ort, an dem man einfach sein konnte, ohne sich verstellen zu müssen.
Heute, in einer Welt, in der alles optimiert, durchgestylt und „erlebnisorientiert“ sein muss, wirken diese Bistros wie eine wohltuende Zeitkapsel. Sie erinnern uns daran, dass Genuss nicht immer kompliziert sein muss, dass zwischenmenschliche Wärme auch ohne aufgesetzte Freundlichkeit entstehen kann und dass manchmal ein einfacher Toast mit Käse und Schinken (und vielleicht einer Ananasscheibe, wir wollen ja ehrlich sein) genug ist, um glücklich zu sein.
Manchmal wünsche ich mir, ich könnte einfach in so ein 80er-Jahre-Bistro zurückkehren. Mich an einen der Holztische setzen, eine Zwiebelsuppe bestellen und beobachten, wie die Welt draußen ein bisschen langsamer vorbeizieht. Eine Zeit, in der der Charme nicht im Hochglanz lag, sondern in der entspannten Unvollkommenheit des Moments. Eine Zeit, in der man einfach nur „sein“ konnte – mit all seinen Ecken und Kanten, genau wie das abgewetzte Leder des Barhockers. Ach, die 80er-Bistros, ihr fehlt uns ein bisschen!