In der allgemeinen Vorstellung wird die Geschichte der Nudel oft mit einer einzigen Anekdote verbunden: Marco Polo brachte die Pasta Ende des 13. Jahrhunderts von seinen Reisen aus China nach Italien mit. Dieses Narrativ ist charmant, hat sich fest in der Popkultur verankert – ist aber ein historischer Irrtum.
Die Wahrheit ist, dass die Pasta, in ihrer primitiven Form, älter ist als der moderne Staat Italien selbst und ihre Wurzeln tief im Mittelmeerraum verankert sind.
Die etruskischen Wurzeln der Nudel
Die frühesten fundierten Beweise für die Herstellung von Pastavorläufern finden sich nicht in Venedig nach Marco Polos Rückkehr, sondern in der antiken Zivilisation der Etrusker.
Archäologische Funde aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. in Latium, der Region um Rom, belegen, dass die Etrusker bereits eine Art Nudel zubereiteten. Sie verwendeten Werkzeuge, die denen ähneln, die heute noch zur Herstellung von Teigwaren verwendet werden, um ihre Nahrungsmittel zu schneiden und zu formen. Es handelte sich dabei um einfache Teigfladen aus gemahlenem Getreide, die möglicherweise noch dicker und grober waren als heutige Nudeln, aber das Prinzip war dasselbe.
Die Römer und die Lagana
Nach den Etruskern übernahmen und entwickelten die Römer die Teigwaren weiter. Die bekannteste Form war die Lagana.
- Die Lagana war eine breite, flache Teigplatte, die dem heutigen Lasagneblatt stark ähnelte. Sie wurde in Schichten zubereitet, oft mit Fleisch oder Gemüse.
- Im berühmten römischen Kochbuch Apicius (aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.) finden sich bereits Rezepte, die auf Teigblättern basieren und die Existenz dieser frühen Form der Nudel eindeutig belegen.
Arabische Einflüsse und die Geburt der Trockennudel
Während die Pasta in der Antike bereits bekannt war, erlebte sie ihre nächste große Evolution im Mittelalter, lange bevor Marco Polo wieder italienischen Boden betrat.
Die Technik, Nudeln zu trocknen und somit haltbar zu machen, wurde maßgeblich von den Arabern in den Mittelmeerraum gebracht. Dokumente belegen, dass in Sizilien – das zu dieser Zeit unter arabischer Herrschaft stand – bereits im 12. Jahrhundert Nudeln in großer Menge produziert wurden. Die trockenen Nudeln waren ein perfektes Lagergut für lange Seereisen und Handelsexpeditionen, wodurch sie sich schnell in ganz Italien verbreiteten.
Marco Polo entlastet
Marco Polo mag mit Sicherheit Nudeln in Asien gegessen haben, aber als er 1295 nach Venedig zurückkehrte, war die Pasta in ihrer Heimat bereits ein etabliertes, wenn auch regionales, Grundnahrungsmittel. Er brachte sie nicht nach Italien, sondern fand sie dort bereits vor.