Das Gericht Sulguk (술국), wörtlich übersetzt „Suppe für den Alkohol“ oder „Suppe für den Wein/Schnaps“, ist ein faszinierendes Beispiel für die pragmatische und stärkende Seite der koreanischen Küche. Es ist mehr als nur eine einfache Mahlzeit; es ist eine kulturelle Antwort auf Geselligkeit und Feiern, die traditionell dazu dient, den Körper nach oder während des Konsums von Alkohol zu stärken oder die negativen Folgen eines Katers zu mildern.
🌍 Herkunft und Tradition: Ein Gericht der Nüchternheit
Sulguk ist kein Gericht, das exklusiv in Nordkorea entstanden ist, sondern gehört zur gesamtkoreanischen kulinarischen Tradition. Seine Besonderheit liegt in seinem funktionalen Zweck:
- Der Name ist Programm: Die Bezeichnung Sulguk macht den Zweck unmissverständlich klar. Es dient als Haengover-Eintopf (Katersuppe), der oft in geselliger Runde nach reichlichem Alkoholkonsum oder sogar währenddessen serviert wird, um die Trunkenheit zu verlangsamen.
- Historischer Kontext: Solche stärkenden Suppen sind in Gesellschaften, in denen Reisweine (wie Soju oder Makgeolli) eine wichtige Rolle spielen, historisch notwendig. In der oft harten, kargen Alltagswelt Nordkoreas wird die nahrhafte und einfache Zusammensetzung dieser Suppe besonders geschätzt.
✨ Die Besonderheit: Deftigkeit und Nährstoffdichte
Sulguk unterscheidet sich von anderen koreanischen Suppen (wie der klaren Malgeun Guk) durch seine Deftigkeit und Nährstoffdichte.
- Zutaten-Flexibilität: Das Gericht ist extrem variabel, je nach Verfügbarkeit der Zutaten. Es ist eine Reste- oder Improvisationsküche in bester Form.
- Basis: Die Brühe basiert oft auf einem kräftigen Fleischfond, Knochenbrühe oder einem fermentierten Fischsud, um einen tiefen Umami-Geschmack zu erzeugen.
- Wichtigster Bestandteil (Innereien): Häufig wird Sulguk mit Innereien (wie Kutteln oder Rindfleischknochen) zubereitet. Diese gelten als besonders nahrhaft und kostengünstig.
- Gemüse: Große Mengen an Kohlgemüse, Rettich oder Sojasprossen werden hinzugefügt. Das Gemüse soll nicht nur sättigen, sondern auch die Wirkung des Alkohols „neutralisieren“.
🍽️ Verfügbarkeit: Privat und Gastronomisch
Die Frage, ob Sulguk eher privat oder gastronomisch konsumiert wird, ist in Nordkorea vielschichtig:
- Gastronomisch (Elite und Stabilität): In Pjöngjang und anderen größeren Städten wird Sulguk in Restaurants als verlässliches, stärkendes Gericht angeboten, das oft auf der Speisekarte von Lokalen steht, die auf traditionelle Küche spezialisiert sind. Es ist ein fester Bestandteil von Gasthäusern, die auch Alkohol ausschenken.
- Privat (Alltag und Improvisation): In Privathaushalten, besonders außerhalb der Hauptstadt, wird es häufig als einfaches Alltagsessen zubereitet, das mit den gerade verfügbaren Zutaten angereichert wird. In Zeiten der Knappheit kann die Fleischbasis durch Tofu oder Pilze ersetzt werden. Es ist die perfekte „Resteverwertungssuppe“.
📝 Grundlegende Zubereitung (Improvisation ist der Schlüssel)
Die Zubereitung ist einfach, aber zeitaufwendig, da die Brühe lange kochen muss.
- Brühe Kochen: Knochen (Rind oder Schwein) und/oder Innereien werden stundenlang gekocht, um eine kräftige Basis zu erhalten.
- Würzung: Die Brühe wird mit Gochujang (Chilipaste), Doenjang (Bohnenpaste), Knoblauch, Ingwer und oft etwas Sojasauce gewürzt. Die Kombination von Bohnenpaste und Chili ist typisch für diesen tiefen, erdigen Geschmack.
- Hinzufügen der Hauptzutaten: Grob geschnittener Rettich, Kohl oder Sojasprossen werden hinzugefügt und weich gekocht. Wenn Innereien verwendet werden, werden diese gereinigt, vorgekocht und geschnitten hinzugefügt.
- Servieren: Sulguk wird kochend heiß serviert. Es ist üblich, es direkt aus einer Steinschale (Ttukbaegi) zu essen, um die Hitze lange zu halten.
Sulguk ist somit ein Gericht, das die pragmatische Esskultur Nordkoreas widerspiegelt: Es ist nahrhaft, wärmend und erfüllt einen klaren sozialen Zweck – es hält die Feiernden auf den Beinen.

